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Die Handsemmel – Königsdisziplin des Backhandwerks

Aktualisiert: 10. Sept. 2022

Hast Du schon einmal in unsere herrlich rösche, knusprige Handsemmel gebissen? Kennst Du diesen  himmlischen Genuss? Nein??? Na, dann wird es wirklich höchste Zeit!



Woher kommt sie eigentlich, diese wunderbare kulinarische Erfindung?


Wer der Erfinder der Handsemmel (auch Wiener Kaisersemmel) ist, lässt sich nicht schlüssig nachvollziehen. Nach einer Erzählung soll ein Wiener Bäcker namens Kayser um 1750 die Kaysersemmel erfunden haben. Es gibt noch einige andere Theorien rund um die Entstehung dieses herrlichen urösterreichischen Gebäcks. Sicher ist lediglich, dass das Formen der Handsemmel zur Königsdisziplin eines Bäckers gehört, und wie eine Handschrift unverwechselbar ist.



Was macht sie so besonders?


Der besonders feine Geschmack der Handsemmel resultiert unter anderem aus der Art der Teigverarbeitung. Durch das händische Wirken werden im Teig Enzyme aktiviert, die die Stärke zu Maltose (Malzzucker) umwandeln.


Auch das helle Roggenmehl, das dabei verwendet wird, hat Anteil an dem Geschmackserlebnis  und der knusprigen Kruste:  Es lässt die fünf Teile der Handsemmel  –  im Fachjargon als „Laugen“ bezeichnet – besser reißen.  Eine weitere Folge:  Der Stern der Semmel  wird  schöner.


Durch das viele Schlagen und Klopfen beim Formen der Handsemmel wird die Krume so richtig saftig  und lebhaft gelockert. Und noch einen Riesenvorteil hat die händische Verarbeitung: Die geübten Bäckerhände gehen auf den Teig ein:  je nach Festigkeit und Entwicklungsstand wird der Semmelteig individuell behandelt; etwas, das bei einer maschinellen Verarbeitung  niemals  zu erreichen ist. Gönn Dir also diesen kleinen Luxus. Der Geschmack ist einfach unvergleichlich gut!


Es war einmal: „Die ersten Wienerroither-Semmeln“


In den Anfängen der Bäckerei Wienerroither gab es natürlich keine maschinell erzeugten Semmeln, sondern ausschließlich solche, die von Hand gemacht wurden.  Dazu wurden –  genauso wie heute noch – Teigpressen mit 1,65 kg in einer halbautomatischen Schleifmaschine der Marke „Fortuna“  zu kleinen Teigballen geschliffen und auf eine lange Holztafel abgeleert. Um das Zusammenkleben der Teiglinge zu vermeiden (und auch aus Gründen des Geschmacks), wurden sie mit hellem  Roggenmehl  bestaubt.  Nach einer kurzen Teigruhe ging es an das eigentliche Formen der Handsemmeln.

Semmelschleifen anno dazumal

Der Firmengründer, Martin Wienerroither I., beim Semmelschleifen


Drei bis vier Bäcker waren ausschließlich damit beschäftigt, Semmeln zu wirken, und einer setzte sie in Reih und Glied auf mit Teigtüchern belegte Laden ab.  Anschließend wurden sie gut niedergehalten. Danach hob man die Holzladen auf über dem Kopf angebrachte Stangen in der Backstube, um in kurzer Zeit die richtige Gare zu erhalten.  Kurz vor dem Einschießen in den Ofen  –  und besonders bei schwülem Wetter –  wurden die Laden noch einmal zum Anhauten auf den Boden gestellt. Ausgebacken wurde in eigens angefertigte Holzschütten, in denen die knusprigen Semmeln noch ein wenig auskühlen konnten,  bevor sie – trotzdem immer noch brennheiß – in die Buckelkraxen und Netze eingezählt und an die Kunden rund um unseren schönen See verliefert wurden.



Die Fotostory

01 - Teigballen auswiegen

1 – Im Anfang war der Teig

Nach einer schonenden Knetung und einer Ruhezeit von 20 min werden die Teigballen ausgewogen und nochmals reifen gelassen.

02 - Teigplatten flach drücken

2 – Das Flachdrücken

Den fertigen großen Teigballen auf die bemehlte Schleifplatte geben und gleichmäßig flachdrücken.

03 - Semmeln schleifen

3 – Das Schleifen

In unserer guten alten Schleifmaschine der Marke  „Fortuna“  werden 30 kleine Teigballen á 70 g in Form geschliffen.

04 - Wegsetzen

4 – Das Wegsetzen

Nach dem Schleifen werden die Teiglinge auf die bemehlten Laden weggesetzt und zugedeckt für ca. 20 min reifen gelassen.

05 - Der Roggenmehl-Touch

5 – Der besondere Touch

Danach wird der Teigling in helles Roggenmehl eingetaucht und zu einem flachen „Fleck“ gedrückt.

06 - die erste Lauge

6 – Die Erste Lauge

Für die  Erste Lauge wird der linke Daumen exakt  in die Mitte des Flecks gelegt und vom Rand her einmal mit Teig überschlagen

07 - die zweite Lauge

7 – Die Zweite Lauge

Dann die Zweite Lauge über die Erste Lauge legen und im Mittelpunkt festdrücken. Danach mit einem „Karateschlag“ (siehe Video weiter oben) die Größe der Lauge einteilen.

08 - die dritte Lauge

8 – Die Dritte Lauge…

… über die anderen beiden Laugen legen und dabei immer auf den Mittelpunkt achten. Achtung – hier kommen die meisten Fehler vor! Im Anschluss eine vierte Lauge formen.

09 - der Schluss

9 – Der Schluss

Den Schluss – also den Rest des Teiges – in die Erste Lauge hineinlegen, und zwar an denselben  Platz,  wo sich bis gerade eben noch der Daumen befand.

10 - Zusammenzwicken

10 – Das „Z‘såmmzwickn“

Der letzte Schritt beim Formen einer Handsemmel: Dabei wird die erste Lauge mit der letzten Lauge  (=Schluss) verbunden und fest zusammengedrückt.

11 - Prachtexemplar

11 – Das Prachtexemplar

Kurz noch einen Blick auf die fertige Handsemmel  werfen: „Ah, gut gelungen!“.  Noch mit dem Stern  nach unten liegend gehen lassen und endlich folgt …

12 - das Ausbacken

12 – … das Ausbacken

Nach dem Umdrehen mit Wasser besprühen und mit reichlich Schwaden heiß ausbacken (=bei  250 ° C  in den Ofen schieben und mit 240 ° C  goldbraun und rösch fertigbacken).


Mahlzeit!



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