Hast Du schon einmal in unsere herrlich rösche, knusprige Handsemmel gebissen? Kennst Du diesen himmlischen Genuss? Nein??? Na, dann wird es wirklich höchste Zeit!
Woher kommt sie eigentlich, diese wunderbare kulinarische Erfindung?
Wer der Erfinder der Handsemmel (auch Wiener Kaisersemmel) ist, lässt sich nicht schlüssig nachvollziehen. Nach einer Erzählung soll ein Wiener Bäcker namens Kayser um 1750 die Kaysersemmel erfunden haben. Es gibt noch einige andere Theorien rund um die Entstehung dieses herrlichen urösterreichischen Gebäcks. Sicher ist lediglich, dass das Formen der Handsemmel zur Königsdisziplin eines Bäckers gehört, und wie eine Handschrift unverwechselbar ist.
Was macht sie so besonders?
Der besonders feine Geschmack der Handsemmel resultiert unter anderem aus der Art der Teigverarbeitung. Durch das händische Wirken werden im Teig Enzyme aktiviert, die die Stärke zu Maltose (Malzzucker) umwandeln.
Auch das helle Roggenmehl, das dabei verwendet wird, hat Anteil an dem Geschmackserlebnis und der knusprigen Kruste: Es lässt die fünf Teile der Handsemmel – im Fachjargon als „Laugen“ bezeichnet – besser reißen. Eine weitere Folge: Der Stern der Semmel wird schöner.
Durch das viele Schlagen und Klopfen beim Formen der Handsemmel wird die Krume so richtig saftig und lebhaft gelockert. Und noch einen Riesenvorteil hat die händische Verarbeitung: Die geübten Bäckerhände gehen auf den Teig ein: je nach Festigkeit und Entwicklungsstand wird der Semmelteig individuell behandelt; etwas, das bei einer maschinellen Verarbeitung niemals zu erreichen ist. Gönn Dir also diesen kleinen Luxus. Der Geschmack ist einfach unvergleichlich gut!
Es war einmal: „Die ersten Wienerroither-Semmeln“
In den Anfängen der Bäckerei Wienerroither gab es natürlich keine maschinell erzeugten Semmeln, sondern ausschließlich solche, die von Hand gemacht wurden. Dazu wurden – genauso wie heute noch – Teigpressen mit 1,65 kg in einer halbautomatischen Schleifmaschine der Marke „Fortuna“ zu kleinen Teigballen geschliffen und auf eine lange Holztafel abgeleert. Um das Zusammenkleben der Teiglinge zu vermeiden (und auch aus Gründen des Geschmacks), wurden sie mit hellem Roggenmehl bestaubt. Nach einer kurzen Teigruhe ging es an das eigentliche Formen der Handsemmeln.
Der Firmengründer, Martin Wienerroither I., beim Semmelschleifen
Drei bis vier Bäcker waren ausschließlich damit beschäftigt, Semmeln zu wirken, und einer setzte sie in Reih und Glied auf mit Teigtüchern belegte Laden ab. Anschließend wurden sie gut niedergehalten. Danach hob man die Holzladen auf über dem Kopf angebrachte Stangen in der Backstube, um in kurzer Zeit die richtige Gare zu erhalten. Kurz vor dem Einschießen in den Ofen – und besonders bei schwülem Wetter – wurden die Laden noch einmal zum Anhauten auf den Boden gestellt. Ausgebacken wurde in eigens angefertigte Holzschütten, in denen die knusprigen Semmeln noch ein wenig auskühlen konnten, bevor sie – trotzdem immer noch brennheiß – in die Buckelkraxen und Netze eingezählt und an die Kunden rund um unseren schönen See verliefert wurden.
Die Fotostory
1 – Im Anfang war der Teig
Nach einer schonenden Knetung und einer Ruhezeit von 20 min werden die Teigballen ausgewogen und nochmals reifen gelassen.
2 – Das Flachdrücken
Den fertigen großen Teigballen auf die bemehlte Schleifplatte geben und gleichmäßig flachdrücken.
3 – Das Schleifen
In unserer guten alten Schleifmaschine der Marke „Fortuna“ werden 30 kleine Teigballen á 70 g in Form geschliffen.
4 – Das Wegsetzen
Nach dem Schleifen werden die Teiglinge auf die bemehlten Laden weggesetzt und zugedeckt für ca. 20 min reifen gelassen.
5 – Der besondere Touch
Danach wird der Teigling in helles Roggenmehl eingetaucht und zu einem flachen „Fleck“ gedrückt.
6 – Die Erste Lauge
Für die Erste Lauge wird der linke Daumen exakt in die Mitte des Flecks gelegt und vom Rand her einmal mit Teig überschlagen
7 – Die Zweite Lauge
Dann die Zweite Lauge über die Erste Lauge legen und im Mittelpunkt festdrücken. Danach mit einem „Karateschlag“ (siehe Video weiter oben) die Größe der Lauge einteilen.
8 – Die Dritte Lauge…
… über die anderen beiden Laugen legen und dabei immer auf den Mittelpunkt achten. Achtung – hier kommen die meisten Fehler vor! Im Anschluss eine vierte Lauge formen.
9 – Der Schluss
Den Schluss – also den Rest des Teiges – in die Erste Lauge hineinlegen, und zwar an denselben Platz, wo sich bis gerade eben noch der Daumen befand.
10 – Das „Z‘såmmzwickn“
Der letzte Schritt beim Formen einer Handsemmel: Dabei wird die erste Lauge mit der letzten Lauge (=Schluss) verbunden und fest zusammengedrückt.
11 – Das Prachtexemplar
Kurz noch einen Blick auf die fertige Handsemmel werfen: „Ah, gut gelungen!“. Noch mit dem Stern nach unten liegend gehen lassen und endlich folgt …
12 – … das Ausbacken
Nach dem Umdrehen mit Wasser besprühen und mit reichlich Schwaden heiß ausbacken (=bei 250 ° C in den Ofen schieben und mit 240 ° C goldbraun und rösch fertigbacken).
Es geht nicht über eine frische Handsemmel! Jetzt verstehe ich auch warum sie soooo gut schmeckt!