In einer Zeit des ständigen Wandels steht auch die Bäckerei Wienerroither nicht still. Mit innovativen Konzepten wie der Fast Lane und einem starken Fokus auf regionale Qualität und Nachhaltigkeit setzt das Unternehmen Maßstäbe im Bäckerhandwerk. Erfahren Sie mehr über die Herausforderungen und Erfolge einer Bäckerei, die Tradition und Moderne auf einzigartige Weise vereint.
Martin Wienerroither (l.) im Interview mit Mario Kleinberger (r.)
Vieles ist zurzeit im Umbruch, wie sehr ist deine Bäckerei betroffen?
Ja, wahrscheinlich genauso stark wie die meisten Branchen. Es geht um Digitalisierung, Mitarbeiter, Qualität und Nachhaltigkeit. Also ja, bei uns passiert ständig etwas.
Im Hauptbahnhof Klagenfurt wird umgebaut und in Folge wird eine sogenannte Fast Lane eingeführt. Kannst du diese neue Innovation in wenigen Sätzen beschreiben und erläutern, welche Vorteile sie den Kunden bringt?
Wir haben uns bewusst dafür entschieden, zusätzlich zum traditionellen Verkaufsgeschäft an einem belebten Verkehrsknotenpunkt wie dem Bahnhof auch diese schnelle Art des Einkaufens anzubieten.
Die Idee ist nicht neu, dennoch sind wir hier in der Bäckerbranche und in Kärnten so etwas wie Pioniere. Der Kunde checkt mit der Bankomatkarte und in Folge auch gerne mit der digitalen Kunden-App, an der wir gerade arbeiten, ein und kommt so durch ein Drehkreuz in die Fast Lane, wo er aus unserem Angebot auswählt und an der Kassa eigenständig bezahlt. Wir werden dieses Konzept - so wie es jetzt ist - zwei bis drei Monate testen und dann evaluieren.
Was gibt's in der Fast Lane?
Wir werden hier ein kleines Sortiment sowohl für Reisende, als auch für all jene, die in Eile sind und noch schnell das Nötigste für Abendessen oder Frühstück besorgen wollen, anbieten. Es gibt Heißgetränke, die über das Touchdisplay der Kasse ausgewählt werden können. Beispiel Kaffee: Man geht zur Kasse, sucht sich das gewünschte Getränk aus, zahlt und drückt dann den bezahlten Kaffee an der Maschine.
Alle anderen angebotenen Artikel, wie Gebäck, Plunder, Snacks, etc... holt man zuerst aus dem Regal und scannt sie anschließend selbständig an der Kasse.
Einkaufen in der Fast Lane
Für viele Kunden ist die Fast Lane ein großer Vorteil, da sie nicht vor der vollgefüllten Verkaufstheke stehen und - auch das kommt vor wenn man in Eile ist - vom Angebot überfordert werden wollen. Sie können einfach durch die Fast Lane gehen, sich das gewünschte Produkt aussuchen, an der Kasse eigenhändig bezahlen und dann schnell wieder raus.
Wie funktioniert das Scannen?
Jedes Produkt hat einen EAN-Code, der an der Kasse über einen Scanner gezogen wird. Bezahlen kann man mit der Karte oder dem Handy und zukünftig auch mit unserer digitalen Kundenkarte, die wir demnächst anbieten werden.
Ist das Sortiment in der Fast Lane stark eingeschränkt?
Viele Produkte, die es im normalen Bediengeschäft gibt, sind auch dort vorhanden. Das ist der Hauptvorteil. Die Öffnungszeiten werden länger sein als im Bedienbereich, die genauen Zeiten werden wir rechtzeitig bekanntgeben.
Ist es geplant, dieses Konzept auch in anderen Filialen einzuführen?
Momentan nicht, da wir zuerst beobachten wollen, wie es funktioniert und wie die Fast Lane angenommen wird. Dann werden wir weiter entscheiden.
In jedem Fall ist es eine äußerst innovative Sache, die einzigartig in Österreich sein dürfte?
Soweit ich weiß, gibt es in Österreich, Deutschland oder der Schweiz noch nichts Vergleichbares im Bäckergewerbe.
Ein Großprojekt wartet mit dem Bau einer neuen Produktionsstätte. Wie sieht der Zeitplan aus und wie hoch sind die Investitionskosten?
Wenn alles behördlich nach Plan läuft, sollten wir im September mit dem Bau beginnen können. Die Bauzeit dürfte ein gutes Jahr dauern. Wir würden gerne Ende 2025 übersiedeln. Das Investitionsvolumen beträgt ungefähr 16 Millionen Euro.
Bei Wienerroither wird auf Convenience so gut wie verzichtet und auf Qualität und Regionalität enormer Wert gelegt. Wie integrierst du regionale Zutaten und Tradition in deine Produkte?
Wir schauen, welche Produkte wir wirklich aus der Region beziehen können. Für uns ist die Region klar Kärnten. Regionalität ist jedoch mittlerweile ein schwammiger Begriff, da Produkte aus Mitteleuropa als regional verkauft werden. In Kärnten gibt es viele Produkte, die wir vorher gar nicht so im Blick hatten. Neben Butter, Mehl und Eiern, die logischerweise aus unserem Bundesland kommen, gibt es auch viele Saaten, wie Sonnenblumenkerne, Leinsamen oder Kürbisse aus Kärnten. Wir müssen allerdings natürlich immer sicherstellen, dass unsere Partner über einen längeren Zeitraum die Qualität halten und die Mengen liefern können. Das ist die Herausforderung.
Welche deiner Backwaren sind bei den Kunden besonders beliebt?
Extrem beliebt ist alles mit Dinkel, besonders die Dinkel-Wurzel. Die Pfefferspitz' sind ein neuer Hit, den wir gerade einführen. Plundergebäck wie Nussschnecken, Topfengolatschen, Topfenstangerl oder Croissants sind bei uns sehr gefragt. Auch das französische Baguette und Brotspezialitäten generell sind beliebt. Im Winter sind unsere verschiedenen Krapfen ein Verkaufsschlager.
Pfeffer- und Speckspitz - der perfekte Proviant für unterwegs!
Gibt es eine besondere Tradition oder ein Ritual in deiner Bäckerei, das du gerne mit uns teilen würdest?
Außer unseren täglichen Espresso-Meetings, bei denen die Abteilungsleiter zusammenkommen, haben wir kein ständiges Ritual. Es klingt nicht spektakulär, aber die Weihnachtsfeier ist bei unseren Mitarbeitern sehr beliebt. Mein Verkaufschef Harald Raunig gibt sich dabei richtig Mühe, sorgt für ein großes Spektakel und ist ein perfekter Zeremonienmeister, was unser Personal sehr schätzt.
Was würdest du jungen Menschen raten, die eine Karriere im Bäckerhandwerk anstreben?
Ich würde ihnen raten, neugierig zu sein, weil es ein spannender Beruf ist. Man sieht innerhalb von drei bis vier Stunden, was man geschaffen hat. Es handelt sich hier nicht um etwas Abstraktes oder ein anonymes Produkt, das irgendwo hingeschickt wird und keiner weiß, was damit passiert. Das Bäckerhandwerk ist ein Beruf, bei dem man die ganze Welt sehen kann. Wenn man in Österreich Bäcker oder Konditor gelernt hat, wird man überall mit Handkuss aufgenommen.
Wenn du einen Wunsch für die Zukunft deines Unternehmens frei hättest, welcher wäre das?
Eigentlich, dass es so weiterläuft wie jetzt.
Danke für das Gespräch!
Comments